Diese Frage stellen sich viele Betroffene, die sich mit dem Ablauf der Geburt beschäftigen. Sie möchten einen Dammschnitt vermeiden, da die Wunde bzw. Naht zu Problemen führen kann. Von immer mehr Experten wird deshalb empfohlen, lieber einen Dammriss in Kauf zu nehmen. Ich habe für Sie die wichtigsten Informationen zum Thema Dammschnitt verweigern zusammengetragen.
Dammschnitt nur in Notfällen
Viele Schwangere haben Angst vor einem Dammschnitt. Zu Recht? Dazu sollten Sie zuerst einmal wissen, dass der Einschnitt im Damm während der Geburt kaum schmerzhaft ist. Allerdings kann es danach zu Komplikationen bei der Heilung kommen, wenn die Wunde nur schlecht oder sehr langsam heilt. Auch von wochenlangen Schmerzen wird berichtet oder von Problemen beim Toilettengang oder Geschlechtsverkehr. Das klingt zuerst einmal sehr beängstigend und Sie fragen sich vermutlich, ob Sie einen Dammschnitt verweigern sollten. Dazu sei zuerst einmal gesagt, dass es in den meisten Fällen ca. 6 bis 8 Wochen dauert, bis die Heilung eines Dammschnitts endgültig abgeschlossen ist. Danach sollte alles wieder normal ablaufen.
Aber auch, wenn die Wunde relativ schnell und ohne Spätfolgen verheilt, ist ein Dammschnitt dennoch ein Eingriff, der nur in Notfällen vorgenommen werden sollte. Welche das sind, erfahren Sie demnächst im Beitrag Was ist ein Dammschnitt? Nun ist es allerdings so, dass in vielen Kliniken immer noch recht großzügig zum Skalpell gegriffen wird und unnötige Dammschnitte vorgenommen werden – beispielsweise um einen Dammriss zu vermeiden. Das ist aber laut Meinung von vielen Hebammen und Ärzten gar nicht sinnvoll.
Vorschneller Dammschnitt kann mehr schaden als nutzen
Bevor der Damm geschnitten wird, ist zu bedenken, dass dabei die in diesem Bereich verlaufenden Nervenbahnen und Blutgefäße durchtrennt werden. Dabei werden die Funktion der Nervenbahnen beeinträchtigt und ungewollte Blutungen ausgelöst. Im Unterschied dazu reißt das Gewebe beim Dammriss an den Nerven- und Blutbahnen entlang. Logischerweise bildet sich der Riss immer im dünnsten Teil des Gewebes und diese Risse gehen häufig eben nicht durch größere Gefäße oder Nerven. So entsteht in den allermeisten Fällen ein wesentlich geringerer Sensibilitätsverlust der Nerven und die Strukturen von Nerven- und Blutbahnen werden geschont. Aus gutem Grund haben mehrere Studien gezeigt, dass ein zusätzliches Trauma des Beckenbodens durch einen Dammschnitt nicht vermieden werden kann.
Es macht also in vielen Fällen keinerlei Sinn, einen Dammschnitt vorzunehmen, nur um einen Dammriss zu vermeiden. Im Gegenteil: Das könnte, wie oben beschrieben, die Sache sogar schlimmer machen. Das ist für viele Schwangere ein Grund zur Überlegung, ob sie einen Dammschnitt verweigern sollten. Zumal laut Studien nach einem Dammschnitt häufiger sogar noch zusätzliche Dammrisse entstanden sind.
Manchmal wird angenommen, dass ein vorzeitig durchgeführter Dammschnitt eine spätere Harninkontinenz verhindern kann. Das ist ein Irrtum – denn wenn es zu einer Harninkontinenz aufgrund der Schwangerschaft kommt, geschieht dies bereits in deren Verlauf und nicht erst während der Geburt.
Dammschnitt verweigern auf „die sanfte Tour“
Einen Dammschnitt verweigern können Schwangere zwar nicht, aber Sie können darum bitten, diese Geburtsverletzung zu vermeiden und den dringenden Wunsch äußern, den Schnitt nur im Notfall durchzuführen. Darüber sollten Sie schon während der Vorsorgeuntersuchung mit Ihrem Frauenarzt/Frauenärztin bzw. mit Ihrer Hebamme in aller Ruhe sprechen. Ein Geburtsplan ist dafür da, dass Sie genau solche Besonderheiten und Bedürfnisse schriftlich festhalten und bei der Geburt im Krankenhaus aushändigen.
Sollte es zu dennoch zu einem Dammschnitt gekommen sein oder Ihr Damm ist während der Geburt gerissen, lesen Sie im verlinkten Beitrag, was Sie bei Schmerzen nach den Geburtsverletzungen tun können.
Um ein vorschnelles Schneiden des Dammes zu vermeiden, können Sie sich auch vorab über die Dammschnitt-Rate verschiedener Kliniken und Geburtshäuser informieren und diese miteinander vergleichen. Mal einige Zahlen dazu: In Geburtshäusern ist nur bei knapp 6 % der Geburten ein Dammschnitt nötig, während er in Krankenhäusern im Jahr 2016 bei etwa 20 % der Frauen erfolgt. Andere Daten aus einer deutschen Vergleichsstudie haben gezeigt, dass nur 29,8 % der jungen Mütter nach der Geburt in einer Klinik noch einen intakten Damm haben, während 41,2 % der Frauen das Geburtshaus ohne Dammverletzung verlassen.
Fazit: Ein Dammschnitt gilt als Standard- bzw. Nebeneingriff und bedarf nicht Ihrer Zustimmung. Gleichzeitig gehen heute viele Krankenhäuser und alle Geburtshäuser auf die Wünsche der Schwangeren ein. Zudem können Sie den Dammschnitt zwar nicht verweigern, aber sich vor der Geburt genau informieren, in welchen Kliniken bzw. Geburtshäusern dieser Eingriff besonders selten und nur in Notfällen vorgenommen wird. Letztlich entscheiden Sie, wo Sie sich am wohlsten und am besten aufgehoben fühlen.