Dammschnitt oder Dammriss: Was ist besser?

Bei aller Freude auf den neuen Erdenbürger sollten Sie an die Möglichkeit denken, dass es bei der Entbindung zu einer Geburtsverletzung kommen kann. Ein Dammschnitt oder Dammriss gehören dabei zu den häufigsten. Schauen wir uns mal gemeinsam die Unterschiede und Gemeinsamkeiten an und welche der beiden Geburtsverletzungen besser heilt.

Wie unterscheiden sich Dammschnitt und Dammriss?

Der größte Unterschied zwischen Dammschnitt und Dammriss ist, dass der Dammschnitt vom Arzt vorgenommen wird, während der Dammriss spontan auftritt. Beide Male ist der Damm – das Muskelwebe zwischen Vagina und After – betroffen. Die Zahlen über die Häufigkeit von Dammschnitten sind ungenau, von bis zu 60 % in Kliniken und 6 % in Geburtshäusern ist die Rede.

Zu einem Dammriss kommt es seltener – hier sind ca. 20 bis 30 % der Geburten betroffen. Beim Dammriss treten unterschiedliche Schweregrade auf – von Grad 1 mit relativ leichtem Einreißen des Gewebes bis zu Grad 4 mit erheblichen Dammverletzungen.

Ein Dammschnitt durch die Geburtshelfer kann in Fällen nötig werden, wenn die Gesundheit der Mutter und vor allem des Babys gefährdet ist. Wird das Kind bei der Geburt zu sehr belastet, soll mit einem Dammschnitt dafür gesorgt werden, dass die Entbindung schneller und problemlos verläuft. Dazu kann es beispielsweise bei auffälligen Herztönen, kindlichen Notlagen und Früh- sowie Zangengeburten kommen. Wird der Dammschnitt im passenden Moment und fachmännisch gesetzt, ist er nicht schmerzhaft.

Dammschnitt soll keine Routine sein

Heutzutage wird von einem routinemäßigen Dammschnitt abgeraten, um diese Art der Geburtsverletzung zu vermeiden – einzige Ausnahme ist, wenn bereits im Vorfeld bekannt ist, dass das Kind übermäßig groß ist und der Damm bei der Geburt bis hin zum Darm einreißen könnte. Ansonsten sollte ein Dammschnitt nur in Notfällen – wie oben erwähnt – erfolgen. Auch neuste Untersuchungen raten bei der Frage nach Dammschnitt oder Dammriss dazu, einen möglichen Dammriss zu bevorzugen. Das hat mehrere Gründe:

Einerseits wurde in verschiedenen Studien nachgewiesen, dass es trotz Dammschnitt zu einem zusätzlichen Trauma das Beckenbodens kommen kann – man hat also damit nichts gewonnen. Vielmehr werden beim Einschneiden des Damms die in diesem Bereich verlaufenden Nervenbahnen und Blutgefäße durchtrennt. Das kann zu verstärkten Blutungen sowie gestörten Nervenbahnen führen.

Auch die Annahme, mit einem vorzeitigen Dammschnitt eine später Harninkontinenz zu verhindern, hat sich als falsch herausgestellt, weshalb diese Begründung ebenfalls nicht zu akzeptieren ist.

Weniger Blutverlust und bessere Heilung bei Dammriss

Bei einem Dammriss reißt das Gewebe an der schwächsten Stelle – sozusagen an der „Sollbruchstelle“ – und es werden weniger Blutgefäße und Muskeln beschädigt. Hinzu kommt, dass der Damm in der Regel nur so weit einreißt wie nötig, damit das Babyköpfchen hindurchpasst,  während ein Dammschnitt häufig wesentlich größer ausfällt. Dies alles sorgt für weniger Blutverlust und schnellere Wundheilung eines Dammrisses. Auch ist anzunehmen, dass die Funktion der im Damm verlaufenden Nerven erhalten bleibt. Verschweigen möchten wir aber auch nicht, dass es hin und wieder zu ausgedehnten Dammrissen kommen kann, die unkontrolliert weiter reißen. Dadurch kann auch die Schließmuskulatur des Afters beschädigt werden.

Doch wenn es im Allgemeinen darum geht, ob Dammschnitt oder Dammriss zu bevorzugen sind, haben Sie die Antwort sicherlich dem bisherigen Inhalt entnehmen können: In der Regel ist es besser, einen Dammriss zu „riskieren“, statt mit Schere und Skalpell einzugreifen. Das empfehlen inzwischen immer mehr Ärzte und Hebammen und auch Studien haben dies bestätigt.

Sie können einen Dammschnitt zwar nicht unbedingt verweigern. Doch es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen routinemäßigen Dammschnitt zu vermeiden. Damit Sie sicher sein können, dass ein Dammschnitt auch wirklich nur in einer Notlage vorgenommen wird, wählen Sie am besten eine Klinik mit geringer Dammschnittrate. Sollte auf Nachfrage herumgedruckst werden, wissen Sie schon, woran Sie sind. Außerdem können Sie in Ihrem Geburtsplan vermerken, wie Sie zum Dammschnitt stehen. Auch bei Einlieferung im Kreißsaal können Sie nochmal deutlich ansprechen, dass Sie sich wünschen, es lieber auf einen Dammriss ankommen zu lassen.

Dammschnitt oder Dammriss: Es gibt auch Gemeinsamkeiten

Ob Dammschnitt oder Dammriss: Meist muss die Geburtsverletzung genäht werden. Je nachdem, wie groß die Wunde ist, welches Material verwendet und wie gut genäht wurde, dauert die Heilung von Dammschnitt oder Dammriss entweder nur einige Tage bis mehrere Wochen – letzteres kommt aber eher selten vor. Wie oben erwähnt, heilt die Wunde nach einer Geburt mit Dammriss besser, weil der Einriss an den Stellen des geringsten Widerstandes erfolgt und weniger Gefäße etc. verletzt werden. Und je weniger „defekt“ ist, desto weniger muss wieder „repariert“ werden. Sie können mit verschiedenen Maßnahmen die Heilung der Wunde bzw. Naht nach Dammschnitt oder Dammriss unterstützen bzw. beschleunigen.

Übrigens können Sie Ihren Damm auch stärken und seine Dehnfähigkeit mithilfe einer Dammmassage verbessern. Zur Vorbeugung von Dammschnitt oder Dammriss gibt es noch weitere Möglichkeiten, beispielsweise eine bestimmte Gymnastik, Sitzbäder oder mit der passenden Ernährung in der Schwangerschaft.

Fazit: Die Frage, ob Dammschnitt oder Dammriss besser ist, wird eindeutig zugunsten des Dammrisses beantwortet – wobei es Notsituationen gibt, in denen ein Dammschnitt unvermeidbar ist. Letztlich entscheiden die Geburtshelfer, doch Sie können bereits im Vorfeld einiges dafür tun, um einen routinemäßigen Dammschnitt zu vermeiden.

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